Smartphone wird in Händen gehalten

Mit diesen Tricks manipuliert dich dein Smartphone

Zu viel Online-Zeit ist ungesund. Das belegen unzählige Studien. Wie viel Zeit du deinem Smartphone widmest, entscheidest du selbst. Es gibt aber auch einige Manipulationstechniken, derer sich App-Entwickler & Co. bedienen, um Abhängigkeiten zu schüren. Welche das sind und was du dagegen tun kannst, stellen wir dir hier vor.

Dein Smartphone manipuliert dich

Wo immer wir auch sind – das Handy ist meist griffbereit. Mindestens vier Stunden pro Tag sind 18- bis 29-Jährige hierzulande online. Das besagt eine Studie der Telefónica Deutschland Holding AG. Nur sieben Prozent der Befragten 18- bis 29-Jährigen legen das Smartphone in ihrer Freizeit länger als 60 Minuten aus der Hand. Was bei so viel Handyzeit auf der Strecke bleibt? Das echte Leben! Und im schlimmsten Fall deine Gesundheit.

Fest steht: Du bist selbst verantwortlich für deine Online-Zeit. Die digitalen Branchenriesen machen es dir aber nicht unbedingt leichter, von dem kleinen Ding in der Hand loszukommen. Denn Google, Facebook & Co. profitieren von deinem Onlinekonsum und setzen findige Strategien ein, damit du so viel Zeit wie möglich mit ihren Apps und Online-Angeboten verbringst.

Welche Tricks sind das eigentlich und wie kannst du dich davor schützen?

Trick 1: Verlockendes für alle Sinne

Wusstest du schon, dass Farben Einfluss auf dein Onlineverhalten nehmen können? Das fand unter anderem die Neurowissenschaftlerin Catherine Winstanley heraus. Ihre Tierversuche ergaben, dass Lichteffekte und Töne ein zwanghaftes Verhalten pushen können. Diese Erkenntnis machen sich auch App-Designer zunutze: Die Farbe Rot etwa soll unsere Aufmerksamkeit in besonderem Maße aktivieren. Verpasste Mails und Nachrichten mit einem roten Button werden erfahrungsgemäß schneller angeklickt, als in jedem anderen Farbton. Eine beliebte Farbe in der Online-Welt ist außerdem Blau. Sie kommt insbesondere in Business-Apps zum Einsatz. Warum? Weil sie ihrem Betrachter in besonderer Weise Sicherheit und Vertrauen suggeriert.

Was du gegen manipulative Farbwelten tun kannst? Ganz einfach: Dein Handydisplay auf schwarzweiß umstellen! Versuch’s mal.

Trick 2: Sättigung tritt nicht ein

Infinite Scrolling verführt uns dazu, länger via Handydisplay durch die virtuelle Welt zu surfen, zu shoppen oder zu streamen. Während wir uns vor einigen Jahren noch von Treffer zu Treffer klicken mussten, reicht heute ein Wischer mit dem Daumen und eine endlose Liste von Angeboten wird angezeigt. Dieser Manipulationstrick beruht unter anderem auf Erkenntnissen aus der Ernährungsforschung. Wissenschaftler von der amerikanischen Cornell University, vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung und vom Max-Planck-Institut für Psychatrie in München haben die Rolle optischer Reize für unsere Sättigung untersucht. Das Ergebnis: Probanden, deren Teller mit großen Portionen immer von neuem vollgeladen werden und die sich beim Essen ablenken lassen, langen in der Regel sehr viel mehr zu. Sie nehmen schlichtweg das Signal für die Sättigung nicht wahr – genau wie Smartphonenutzer beim Scrollen.

Unser Tipp gegen das digitale Nimmersattsein: Wenn es dir schwerfällt, deine Bildschirmzeiten unter Kontrolle zu bekommen, kannst du dir Unterstützung von Auszeit-Apps wie „Offtime“, „Space“, „Flipd“ oder „App-Detox“ auf dein Smartphone laden. Diese geben dir nicht nur einen Überblick über dein Verhalten, sondern schalten je nach Profil bestimmte Dienste sogar zeitweise aus.

Trick 3: Belohnung via Smartphone

Viele Apps befeuern unser Bedürfnis nach Anerkennung und machen uns durch verschiedene Belohnungssysteme von der Nutzung ihres Angebotes abhängig.

Vor allem die sozialen Medien mit ihren Likes, Smileys oder Flammen, aber auch Online-Games arbeiten mit dieser Strategie. Und so posten wir Inhalte und bleiben dann „online“, um auf alles, was wir posten, erspielen oder erarbeiten, eine positive Rückmeldung zu erhalten. Kein Wunder also, dass Jugendliche ihr Smartphone bis zu 90 Mal am Tag checken. Sean Parker, ehemaliger Gründungspräsident von Facebook, erklärte auf einer Diskussion des Nachrichtenportals Axios den Plan dahinter: “Die Motivation bei der Entwicklung von Facebook war und ist, so viel Zeit und Aufmerksamkeit der Nutzer wie möglich zu binden. Positive Reaktionen auf unser Verhalten aktivieren bei uns stets die Ausschüttung von Glückshormonen, davon wollen wir mehr. Für Facebook bedeutete dies, dass wir einen regelmäßigen Dopaminausstoß triggern mussten, zum Beispiel weil jemand ein Bild oder Post likte oder kommentierte.“. Heute zeigen wissenschaftliche Studien, dass diese digitale Manipulation in ähnlicher Weise auf bestimmte Areale im Gehirn wirkt wie der Konsum von Drogen. Kein Wunder also, dass Suchtexperten auch vor sozialen Medien verstärkt warnen.

Die beste Währung für dein Glückshormonkonto? Echte Zeit mit deinen Freunden! Tausche ein paar Likes gegen reale Umarmungen – fühlt sich doch viel besser an, oder?

Foto: Kike Arnauz / Stocksy