Frau stützt ihren Kopf auf

Ein Krisenplan: Entspannt durch die Wut

Heute schon laut geworden? Damit bist du nicht allein. Was viele gerade erleben, nennt sich Kontrollverlust! Denn wir sind mitten in einer Krise. Zum einen ist da die Pandemie, zum anderen unser zu hoher Anspruch an uns selbst. Gleichzeitig sitzen wir uns den ganzen Tag auf der Pelle und verlieren nach und nach liebgewonnene Routinen. Und trotzdem soll alles laufen wie immer? Das kann nur schiefgehen. Die Symptome: Überforderung, Ungeduld und leider auch Wut – gegen sich selbst und anderen gegenüber.

Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu wissen, wie schädlich das ist. Das Herz pocht. Der Blutdruck schießt nach oben. Wir bekommen Stressflecken. Und das Umfeld leidet auch. Denn Wutausbrüche haben auch immer etwas Gewaltsames an sich. Wir beschädigen unser Gegenüber zwar meist nicht physisch, aber die Verletzungen sitzen trotzdem tief. Besonders Kinder tragen Narben davon, die sich später in Depressionen oder Angststörungen äußern können.

Damit das nicht passiert, zeigen wir euch nützliche Bewältigungsstrategien für die unterschiedlichen Phasen der Wut. Diese Maßnahmen sollen euch helfen, Konfliktpotenzial abzubauen, euren eigenen Krisenplan zu entwerfen und auch tatsächlich anzuwenden.

ES BRODELT!

Da ist es wieder: dieses kleine miese Stechen, der eine Kommentar zu viel, der Akkubohrer des Nachbarn in der Mittagspause oder das Kind, das nicht aufhört zu quengeln. Es gibt viele Dinge, die uns auf die Palme bringen. Wir haben Tipps, die helfen, die Ruhe zu bewahren:

Wechselt die Perspektive.
Wir empfinden vieles als Angriff auf uns. Aber kann es nicht auch sein, dass der Nachbar nicht bohrt, um uns zu ärgern, sondern weil der Fulltime-Job und die vier Kinder keine andere Zeit lassen? Empathie hilft!

Hangry?
Kein Scherz aus der Werbung! Manchmal haben wir Grundbedürfnisse, die uns leider etwas unpässlich machen. Grummelt es im Bauch, grummelt es auch schnell mal im Kopf. Zeit für einen Besuch am Kühlschrank!

Halt Stopp!
Bevor wir uns noch weiter reinsteigern, lieber das rote Stoppschild hochhalten. Also, vor das innere Auge. Das funktioniert wirklich! Probiert es mal aus!


ACHTUNG!

Schade, wir haben die erste Phase etwas unachtsam an uns vorbeiziehen lassen und jetzt schlägt unsere Halsschlagader im Beat zu norwegischem Black Metal. Aber es ist noch nicht zu spät:

Grenzen setzen!
Bis hier hin und nicht weiter. Sprecht aus, dass ihr wütend seid und sagt auch wieso. Niemand da? Dann schreibt es auf. Das gibt euch Raum eure Gefühle zu reflektieren. Denn für jemanden, der wahrnimmt, was gerade mit ihm oder ihr passiert, ist auch ein Schritt zurück gleich viel denkbarer. Ihr kommt so ins Handeln und reagiert nicht nur.

Und morgen?
Oder nächstes Jahr um diese Zeit? Ist das Problem noch relevant? Die meisten Dinge, die uns aktuell aufregen, sind im großen Kontext betrachtet unwichtig. Und das sollten wir uns viel öfter vor Augen führen.

Reitet die Welle.
Klingt komisch, aber wie jedes Gefühl gehört auch Wut zu einer Welle von Emotionen. Sie rauscht meist mächtig und schnell heran, verebbt aber häufig genauso wieder. Wir sollten weniger dagegen ankämpfen, sondern lernen zu akzeptieren, was wir fühlen und das dann auch produktiv nutzen. Dieser Fleck dahinten in der Dusche zum Beispiel, der verdient es wirklich, wirklich aggressiv vernichtet zu werden.


1,2 UND … ESKALATION!

Das ging jetzt doch schneller als gedacht. Wir sind mit hundertachtzig Sachen hochgekocht, das rationale Denken hat sich verabschiedet und wir befinden uns im vollen Verteidigungsmodus. Adrenalin prescht durch unsere Venen und alles ist auf Angriff gepolt. Jetzt wird es immer schwerer cool zu bleiben. Trotzdem haben wir ein paar Möglichkeiten gefunden:

Haltung zeigen!
Reden ist jetzt schwierig, denken auch?! Dann fangt klein an. Macht aus einer geballten Faust eine lockere oder aus verschränkten Armen offene. Wir können so nach und nach unseren Körper entkrampfen und so zu mehr Entspannung finden. Das spiegelt sich dann auch im Gegenüber!

Einfach eiskalt bleiben!
Ablenkung ist jetzt das Mittel der Wahl, und dabei ist alles erlaubt, was euch nicht selbstverletzt. Lasst eiskaltes Wasser über die Hand laufen, schlagt in ein Kissen, zerscheppert einen Teller auf dem Boden. Ja, ihr habt richtig gehört, dieses Filmklischee baut Stress und Aggressionen ab. Probiert es aus! Aber bitte nicht mit Omas Porzellan!

Und Tschüss!
Einfach gehen bevor es zu viel wird. Am besten weit weg. Raus in die Natur. In einen Wald oder den nächsten Park. Denn das sogenannte Waldbaden kann uns helfen Stress abzubauen und wieder zu uns selbst zu finden.

Und nach dem Wutausbruch? Da fühlen wir uns meistens müde und ausgelaugt. Häufig ärgern wir uns auch über unser Verhalten. Und da geht der Kreislauf von vorne los. Also, stopp! Entschuldigt euch, wenn nötig, bei Personen, die ihr mit eurem Verhalten verletzt habt. Aber dann verzeiht euch! Das ist ganz besonders wichtig. Denn wir sind Menschen und Wut ist in uns genauso angelegt, wie auch das Empfinden von Freude und Liebe. Wir sind nicht perfekt und der erste Schritt zum gesunden Miteinander ist mit sich selbst rücksichtsvoll umzugehen! Na dann: habt euch lieb!

 

Credit: JAMIE GRILL ATLAS / Stocksy United