Kleinkind mit Umhang

Gesunde Selbstüberschätzung

In einer Affenkolonie ist alles ganz klar: Je selbstbewusster und von sich überzeugter ein Affe auftritt, desto eher setzt er sich gegen Konkurrenten durch, sichert seine Position als Alphatier und baut damit Macht und Einfluss aus.

 

Gehört ihr zu den Super-Alphas?

Solche Alphatiere gibt es unter uns Menschen auch, mit ähnlichen Effekten wie in einer Affenkolonie: Sobald „Macher“ den Raum betreten, entsteht der Eindruck, dass sie ihn mit ihrer Aura komplett ausfüllen. In der Schule oder in Meetings geben sie den Ton an. In Gruppen treffen sie die Entscheidungen – und was Macher zu sagen haben, wird eher selten angezweifelt. Solche Menschen sind sehr von sich überzeugt, tragen vielleicht sogar eine ganze Menge Selbstüberschätzung mit sich herum. Doch ihr Umfeld haben sie in der Tasche: Macher werden als kompetenter eingeschätzt, ihnen wird viel mehr zugetraut als bescheidenen Zeitgenossen mit leisem Auftreten. Auch wenn diese mehr zum Inhalt einer Sache hätten beitragen können. Pech gehabt! Ob man es selbst nun sympathisch findet oder nicht: Selbstüberschätzung hat Vorteile!

 

Wir sind ziemlich gut

Und ein bisschen Selbstüberschätzung steckt sogar in jedem von uns. Wissenschaftler um den Nobelpreisträger Daniel Kahnemann haben herausgefunden, dass jeder Mensch insgeheim glaubt, mehr zu können oder mehr zu wissen als der Durchschnitt. Die Forscher nennen das den Overconfidence-Effekt. Und überlegt mal: Seid ihr nicht auf jeden Fall der bessere Autofahrer? Und auch der bessere Börsenmakler, Politiker, Konzernlenker? Genau!

Und dieses Selbstvertrauen ist wichtig: Wir schöpfen daraus die Motivation, Dinge zu tun, ins Auto zu steigen, ein Studium zu beginnen, eine Firma zu übernehmen oder ein politisches Amt zu bekleiden. Wir sind überzeugt davon, diese Aufgaben zu bewältigen.

Gesunde Selbstüberschätzung - DAK-Gesundheit

 

Großes Ego führt häufig zum Crash

Doch die Linie zwischen gesunder Selbstüberschätzung und Größenwahn ist eine sehr feine. Ein zu großes Ego, zu viel Selbstverliebtheit machen unempfänglich für die Realität. Mahnende oder gar kritische Stimmen werden ausgeblendet oder gar ganz entfernt. Hinzu kommt: Die Forscher David Dunning und Justin Kruger haben herausgefunden, dass Unwissenheit häufig zu mehr Selbstvertrauen, man könnte es manchmal auch Überheblichkeit nennen, führt. Die Selbstüberschätzung verhält sich also umgekehrt proportional zur tatsächlichen Kompetenz –¬ der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt.

 

Die Moral von der Geschichte?

  • Ein bisschen Selbstüberschätzung ist super.
  • Ein bisschen Zweifel und Demut gehören allerdings dazu, um tatsächlich beste Lösungen für Aufgaben zu finden. Umfangreiches Wissen schadet dabei übrigens auch nicht.

Es gibt eine Kompetenz, in der wir Menschen offensichtlich eine realistische Einschätzung unseres Könnens haben. Das hat eine Analyse der beiden US-Psychologen Ethan Zell und Zlatan Krizan von 22 Metastudien mit insgesamt mehr als 200.000 Teilnehmern ergeben. Wisst ihr welche? Es ist die Sprache. Sprachgewandtheit lässt sich nicht faken. Wem es schwer fällt, seine Meinung zu äußern und seinen Standpunkt klar zu formulieren, ist sich dieser Unsicherheit sehr wohl bewusst. Er würde sich niemals für einen begnadeten Redner halten, auch wenn er vielleicht inhaltlich weit mehr zum Thema beitragen könnte als ein wortgewandter Blender.

 

Foto: plainpicture/M. Takahara (oben), iStock.com/Slphotography (unten)